Kennst du diese Situation?
Du arbeitest als Leiter:in mit einem Team zusammen und ihr habt ein kreatives Meeting. Doch plötzlich ist da Sand im Getriebe. Die entspannte Diskussion um ein neues Projekt schlägt plötzlich in hitzige Debatten um.
Jeder scheint eine andere Meinung zu haben, und die Stimmung kippt von produktiv zu konfrontativ.
Solche Momente sind für Führungskräfte oft Testfälle: Wie gehst du mit dem Konfliktpotenzial um, ohne jemanden zu demotivieren oder das Teamgefüge zu stören?
Konflikte am Arbeitsplatz sind nicht nur unvermeidlich, sondern können, wenn sie richtig angegangen werden, auch Chancen für Wachstum und Innovation bieten.
Aber wie schaffst du es als Unternehmer:in oder Teamleader, diese Situationen zu meistern und eine Umgebung zu fördern, in der sich alle Mitglieder gehört und respektiert fühlen?
Als Führungskraft trägst du eine besondere Verantwortung: Du musst nicht nur die Richtung vorgeben, sondern auch dafür sorgen, dass dein Team als Einheit funktioniert. Dies erfordert Fingerspitzengefühl, vor allem wenn es darum geht, eine Kultur der Offenheit und des Vertrauens zu etablieren, in der Konflikte willkommen sind und konstruktiv gelöst werden.
In diesem Fall hast du dann nicht mehr nur die Rolle eines Teamleaders oder einer Unternehmer:in. Du fungierst auch noch als Moderator:in oder sogar Mediator:in.
Ich bin seit 5 Jahren als Mediator tätig und habe in dieser Zeit wertvolle Tipps kennengelernt, wie du die Interaktion in deinem Team harmonisch gestalten kannst. Die besten davon erfährst du in diesem Artikel.
Dabei ist mir wichtig, dass Konflikte nicht vermieden werden, sondern ein konstruktiver Umgang damit herrscht. Ziel ist es, eine Arbeitsatmosphäre zu schaffen, in der sich jede:r Einzelne wohl fühlt und zum Erfolg des Teams beitragen kann.
Denn ein Konflikt ist oft eine wunderbare Chance für Wachstum!
Fokus auf das Gelungene
In Teams und Unternehmen am Arbeitsplatz wird oft zu viel darüber gesprochen, was nicht funktioniert – die kleinen und großen Erfolge bleiben dabei auf der Strecke.
Diese einseitige Fokussierung auf das Negative kann leicht dazu führen, dass schnell der Eindruck entsteht, jemand oder sogar das ganze Team mache ständig alles falsch.
Aber genau hier liegt eine große Chance: Indem wir unsere Perspektive ändern und bewusst auch das Positive sehen und ansprechen, können wir die Atmosphäre am Arbeitsplatz deutlich verbessern.
Stell dir vor, im wöchentlichen Teammeeting geht es nicht nur darum, die anstehenden Aufgaben zu besprechen. Was, wenn du dein Team zusätzlich fragst: “Was hast du letzte Woche geschafft? Was ist besonders gut gelaufen?”
Solche Fragen können Wunder wirken! Sie geben jedem aus dem Team das Gefühl, Teil des großen Ganzen zu sein, am Erfolg teilzuhaben. Der Erfolg ist ja für die gesamte Firma wichtig.
Und auch deine Mitarbeiter:innen freuen sich, wenn andere an ihrem Erfolg teilhaben. Denn: Freude ist das einzige, das man verdoppeln kann, wenn man sie teilt! 🙂 Das wirkt fast wie ein Belohnungssystem und ist Motivation für das ganze Team.
Indem wir strukturiert und regelmäßig den Blick auf das Positive richten, können wir die allgemeine Stimmung heben und Konflikte am Arbeitsplatz reduzieren. Es geht darum, eine Kultur zu schaffen, in der Erfolge genauso beachtet werden wie Herausforderungen – für ein entspanntes und motivierendes Miteinander.
Ankerorte mit Raum für emotionale Gespräche
Schaffe einen Ankerort für emotionale Gespräche am Arbeitsplatz.
Aber was genau bedeutet das? Das Ankern kennst du vermutlich schon aus dem NLP. Es bedeutet, eine gewisse Sache oder einen Reiz mit einem gewissen Zweck oder Gefühl aufzuladen.
Ein Ankerort ist ein speziell gewählter Platz, der dazu dient, offene und ehrliche Gespräche über Gefühle und zwischenmenschliche Reibungspunkte zu führen, bevor diese zu ernsthaften Konflikten eskalieren.
Die Idee stammt ursprünglich aus dem agilen Projektmanagement und den dort üblichen Stand-ups: kurzen Treffen im Stehen, die dazu dienen, den Tag zu planen und Fortschritte zu besprechen.
Diese Treffen finden an einem zentralen Stehtisch statt, oft mit einem Kaffee in der Hand, und bieten die perfekte Gelegenheit für einen schnellen, aber effektiven Austausch von ca. 10-15 min. in einem kleinen Team oder zwischen Arbeitsgruppen.
Statt sich nur auf die anstehenden Aufgaben oder den Arbeitsfortschritt zu konzentrieren, ermutigt dieser Ankerort deine Teammitglieder dazu, auch persönlichere Themen anzusprechen. Auch hier kann der Fokus unter anderem auf das Gelungene gelegt werden.
Du kannst ihnen folgende Fragen stellen: “Was beschäftigt dich gerade?”, “Gibt es etwas, das dich stört oder belastet?” oder “Was ist letzte Woche gut gelaufen, und was könnten wir verbessern?”
Es macht aber Sinn, die Treffen in einem regelmäßigen Rhythmus abzuhalten. So wird gewährleistet, dass dein Team in engem Kontakt bleibt und sich gegenseitig unterstützt.
Indem jeder die Möglichkeit erhält, seine Gedanken und Gefühle zu “entlüften”, entsteht ein starkes Fundament für eine offene und vertrauensvolle Teamkultur. So können potenzielle Konfliktherde frühzeitig erkannt und in einem gemeinsamen Prozess angegangen werden.
Niedergeschriebener Verhaltenskodex
Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie oft ich diese banale Lösung schon mit Teams in meinen Workshops ausgearbeitet habe, die sich zuerst gar nicht mehr verstehen wollten. Indem alle gemeinsam einen Verhaltenskodex erarbeiten, entsteht eine gewisse Verbindlichkeit und alle halten sich gerne an ihre eigenen Regeln.
Aber mal langsam: Ein Verhaltenskodex beinhaltet grundlegende Regeln und Prinzipien, wie sich die Teammitglieder untereinander verhalten sollten. Von einfachen Verhaltensweisen wie dem Ausreden-Lassen und dem Vermeiden von Schimpfwörtern bis hin zu anspruchsvolleren Konzepten wie radikaler Ehrlichkeit – ihr solltet auch die banalsten Regeln mit in den Kodex aufnehmen.
Besonders wichtig ist hierbei, dass der Kodex von den Teammitgliedern gemeinsam erarbeitet wird. So ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich alle daran halten, viel höher.
Dieser Kodex kann auch strukturierte Vorgaben für die täglichen Stand-ups enthalten. Beispielsweise könntet ihr festlegen, dass ihr in der Früh die Aufgaben des Tages besprecht und am Tagesende die aufgestauten Emotionen rauslasst. So muss niemand diese Emotionen mit nach Hause nehmen.
Wichtig dabei ist, dass die festgelegten Regeln realistisch, umsetzbar und nach den SMART-Kriterien (spezifisch, messbar, attraktiv, realistisch, terminiert) gestaltet sind. So wird sichergestellt, dass der Kodex nicht nur eine Sammlung von Idealvorstellungen ist, sondern ein lebendiges Dokument, das das Miteinander im Team tagtäglich positiv beeinflusst.
Konflikte sind immer eine Chance
Abschließend möchte ich sagen: Wenn das nächste Mal in deinem Team kreative Funken fliegen und aus einer lebhaften Diskussion ein potenzieller Konflikt entsteht, sieh es als Gelegenheit.
Eine Gelegenheit, nicht nur dein Geschick als Führungskraft unter Beweis zu stellen, sondern auch die Zusammenarbeit und das gegenseitige Verständnis innerhalb deines Teams zu vertiefen.
Erinnere dich daran, dass jedes Missverständnis und jede Auseinandersetzung neue Perspektiven und unerwartete Lösungen mit sich bringen kann.
Nutze diese Momente als Sprungbrett für Wachstum und Innovation und führe dein Team mit dem Wissen, dass aus jeder Herausforderung eine Chance entstehen kann.
Falls du dich in diesem Thema aber noch nicht sicher genug fühlst und deine Kenntnisse als Mediator:in vertiefen willst, empfehle ich dir die Ausbildung zum/zur Zert. Mediator:in.
In dieser Ausbildung gehen wir nicht nur auf das Thema “Arbeitsmediation” ein, sondern schauen uns auch die Wirtschafts- oder die Familienmediation an. Außerdem beschäftigen wir uns mit deinen eigenen Konflikten – im Innen und im Außen.
Wir sehen uns also in der Ausbildung 😉
Alles Liebe,
Paul