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Fragetechniken für Coaches – So gehst du jedem Problem auf den Grund [2/2]

„Die ganze Kunst der Sprache besteht darin, verstanden zu werden.“ (Konfuzius)

Manchmal werde ich einfach nicht verstanden.

Ich wiederhole den gleichen Satz immer und immer wieder und trotzdem versteht mich mein Gegenüber nicht.

… Das liegt vielleicht gar nicht daran, dass ich so undeutlich rede.

Manchmal reden wir einfach aneinander vorbei. Es wirkt, als würden wir nicht dieselbe Sprache sprechen.

Vielleicht kennst du solche Situationen. 

Vielleicht kennst du sie sogar aus dem Coaching.

Wenn sich deine Gespräche oft im Kreis drehen oder du mit deinem Coachee einfach nicht weiterkommst, dann liegt es oft daran, dass du nicht die richtigen Fragen stellst. 

An diesem Punkt kommt das Meta-Modell der Sprache ins Spiel: Dieses Modell knöpft sich gezielt ungenaue sprachliche Formulierungen  vor und gibt dir Fragetechniken an die Hand, mit denen du ein wirklich erfolgreiches (Coaching-)Gespräch führen kannst.

Mit Hilfe dieser Fragetechniken wirst du in Zukunft nicht nur besser verstanden, sondern du wirst auch dein Coaching auf ein höheres Level heben können.

Denn diese Fragen sind dein Werkzeug, dein Hammer und dein Meißel, mit denen du Frage für Frage die verborgenen Schichten freilegen kannst, um die es im Coaching-Prozess wirklich geht. 

Dieser Artikel ist der zweite Teil einer Reihe, wenn du die ersten 6 Sprachmuster noch nicht kennst oder noch gar nicht weißt, was das Metamodell der Sprache eigentlich ist, dann lies unbedingt in diesem Beitrag nach!

Modaloperatoren

Modaloperatoren verändern die Bedeutung des Verbs. Sie spiegeln die Einstellungen, Überzeugungen und Handlungsmöglichkeiten deiner Coachees wider, können aber auch dazu führen, dass wir uns dadurch selbst einschränken oder uns Perspektiven nehmen.

Du erkennst Modaloperatoren ganz leicht:

  • Operatoren der Unmöglichkeit: nicht können, nicht wollen, nicht dürfen
  • Operatoren der Notwendigkeit: sollen, müssen

Immer, wenn dein Coachee eines dieser Worte verwendet, weißt du, dass es hier Bedarf gibt, genauer nachzufragen.

Sätze wie “Ich muss alles perfekt machen”, “Ich sollte mir mehr Entspannung leisten” oder “Ich darf das einfach nicht so machen” drängen deinen Coachee in eine Ecke, aus der er/sie nicht mehr herauskommt. 

Das Ziel bei solchen Sätzen ist, deinem Coachee wieder Handlungsmöglichkeiten an die Hand zu geben, ihn/sie von einer Unmöglichkeit oder Notwendigkeit in die Möglichkeit zu führen.

Folgende Metamodellfragen helfen dir hier, dieses Muster aufzubrechen: 

“Was hält dich davon ab?” bei Operatoren der Unmöglichkeit oder “Was würde passieren, wenn du es nicht tust?” bei Operatoren der Notwendigkeit.

Wenn du deinen Coachee, der glaubt, alles perfekt machen zu müssen, nun fragst: “Was würde passieren, wenn du einmal nicht alles perfekt machst? Vielleicht sogar schlecht machst?” dann seid ihr bei dem, was hinter diesem Glaubenssatz steht.

Dann sieht er sich plötzlich mit seinen Ängsten konfrontiert und erkennt, wovor er wirklich Angst hat – was sein eigentlicher Antreiber ist. So schaffst du die Basis für zukünftige Interventionen.

Ursache-Wirkung

Dieses Muster kennst du ganz bestimmt!

“Wenn ich endlich den neuen Job habe, dann bin ich glücklich.”

“Wenn ich so viel Selbstvertrauen hätte wie du, könnte ich meine Ziele auch erreichen.” 

“Meinetwegen fühlt er sich jetzt schlecht.”

Hast du einen dieser Sätze schon einmal im Coaching gehört?

Vielleicht sind das auch Sätze, auf die du erst nach einem längeren Prozess stößt – denn oft sind wir uns gar nicht bewusst darüber, dass wir diese zwei Dinge verbinden.

Und genau das ist das Ursache-Wirkung-Muster: Es verbindet zwei Dinge miteinander und stellt diese in eine Wenn-Dann-Beziehung, obwohl sie eigentlich gar nichts miteinander zu tun haben.

Es wird behauptet, dass X zu Y führt beziehungsweise X Y auslöst.

Auf solche Aussagen kannst du deiner Klientin die Frage stellen: 

  • “Warst du in der näheren Vergangenheit einmal glücklich, obwohl du den neuen Job noch nicht hast?“
  • “Hast du schon einmal ein Ziel erreicht, obwohl du nicht so viel Selbstvertrauen hattest?”
  • “Was genau glaubst du, hast du gemacht, sodass er sich jetzt schlecht fühlt?“

Bei diesem Sprachmuster ist es schwierig, eine einzige, allgemeingültige Frage zu formulieren. Es kommt hier ganz auf den Kontext an. 

Das Ziel bei diesem Muster ist jedoch, deiner Klientin vor Augen zu führen, dass das eine gar nichts mit dem anderen zu tun hat – und sie diese Relation nur selbst herbeigeführt hat. 

Deine Frage zielt darauf ab, nur ein einziges Gegenbeispiel zu finden, bei dem diese Relation nicht der Fall war – und schon ist die gesamte Aussage falsch. 

Dadurch werden ebenso wie bei den Modaloperatoren neue Wege sichtbar, plötzlich entstehen wieder Wahlmöglichkeiten.

TIPP:

Dieses und auch das vorherige Sprachmuster finden sich sehr oft bei ressourcenarmen Glaubenssätzen. Merke sie dir also gut. So hast du jetzt direkt wertvolle Tools an der Hand, mit denen du deine Klient:innen garantiert erfolgreich in ihrer Glaubenssatzarbeit unterstützen kannst.

Komplexe Äquivalenz

Ähnlich wie das Muster Ursache-Wirkung ist auch die Komplexe Äquivalenz aufgebaut. Komplexe Äquivalenzen bringen Dinge zusammen, die gar nichts miteinander zu tun haben. 

“Weil ich mein Studium noch nicht abgeschlossen habe, bin ich eine Versagerin.”

“Wenn ich meiner Familie nicht helfe, bin ich egoistisch.”

“Du sagst mir nie nette Worte, deswegen liebst du mich nicht.”

Merkst du, worauf ich hinaus will?

Im Vergleich zu den Ursache-Wirkungs-Beziehungen (X->Y) führt hier nicht das eine zum anderen, sondern die beiden Dinge werden gleichgestellt (X=Y).

Ich habe mein Studium nicht abgeschlossen = Ich bin eine Versagerin.

Ich helfe meiner Familie nicht = Ich bin egoistisch.

Du sagst mir nie nette Worte = Du liebst mich nicht.

Schau einmal, ob du dieses Sprachmuster in deinem Sprachgebrauch findest. 

Du wirst erstaunt sein, wie oft wir Dinge gleichsetzen, die eigentlich nichts miteinander zu tun haben. Oft passiert das, weil wir uns vergleichen oder ein gewisses Bild im Kopf haben – “so sollte es eigentlich sein”.

Die meisten Menschen fangen bei diesem Sprachmuster an, über den einen oder den anderen Teil des Satzes zu diskutieren. Viel effektiver ist es, die komplexe Äquivalenz gleich aufzubrechen und auf keinen Fall einfach so hinzunehmen.

Wie? 

Durch ein konkretes Gegenbeispiel:

“Gibt es auch Menschen, die keine Versager sind und ihr Studium wie du noch nicht abgeschlossen haben?” oder “Gibt es auch Menschen, die in deinen Augen versagt haben, obwohl sie ihr Studium abgeschlossen haben?”

“Kennst du vielleicht jemanden, der/die der eigenen Familie nicht immer hilft und trotzdem hilfsbereit ist und an andere denkt?”

“Hat dir schon einmal jemand nette Worte gesagt, der dich nicht liebt?” oder “Habe ich dir schon einmal auf andere Weise meine Liebe gezeigt?”

Auch hier genügt ein einziges Gegenbeispiel und das Argument ist zunichte gemacht.

Wenn du die Komplexe Äquivalenz in deinem eigenen Sprachgebrauch erkannt hast, wirst du auch im Coaching mit Klient:innen keine Probleme haben, sie zu erkennen.

Einfache Tilgung

Dieses Sprachmuster wird oft für komische Situationen verwendet. 

Stell dir eine Comic-Serie vor, bei der zwei Personen gemeinsam die Straße runterspazieren und die eine immer wieder „Ein-Wort-Sätze“ wie „Super“ oder „Schön“ ausruft. 

Die andere Person hält das oft nicht lange aus. Sie bekommt einen hochroten Kopf, hüpft aufgeregt auf und ab und wird wütend: “Was meinst du mit ‘super’?!” “Was ist schön?!”

Natürlich wollen wir nicht wütend werden in einem Coaching-Prozess, aber dieses Bild hilft dir vielleicht, das Sprachmuster schnell zu erkennen. 

Bei der einfachen Tilgung fehlt etwas. Die Aussage ergibt so alleine keinen Sinn.  

Dieses Muster kann auch ein ganzer Satzteil sein, der irgendwie nicht ganz vollständig ist. Es werden wichtige Informationen verschwiegen, vergessen oder ausgelassen.

Wie du ja weißt, ist es im Coaching essentiell, genau zu wissen, wovon deine Klientin spricht, um die richtigen Interventionsformen durchführen zu können. 

Aussagen wie “Ich habe Probleme”, “Es geht mir gut” oder “Ich möchte etwas verändern” kannst du ab heute genauer unter die Lupe nehmen und nach dem fehlenden Satzteil fragen.

Du hebst die Aussage von einer allgemeingültigen auf eine persönliche, konkrete Ebene. 

Vergleichstilgung

Die Vergleichstilgung ist der einfachen Tilgung sehr ähnlich, auch hier fehlt etwas. 

Wieder geht es darum, den fehlenden Teil zu finden und aufzudecken. Was fehlt, ist hier aber klar definiert: das Vergleichsobjekt.

Die Möglichkeiten, uns zu vergleichen, sind unendlich. Daher ist es in diesem Sprachmuster dein Ziel, herauszufinden, mit was genau sich dein Coachee vergleicht und an welche Eigenschaften er/sie hier besonders denkt.

Aussagen wie “Ich möchte glücklicher sein”, „Diese Ausbildung ist so teuer“, „Ich lerne langsam“ oder „Er ist besser“ sind Hinweise auf eine versteckte Vergleichstilgung. 

Die Metamodellfrage: „… im Vergleich zu was?“ hilft dir hier, den Rahmen deines Coachees zu identifizieren.

Denn die Aussage deines Coachees ist unkonkret. Sie ist emotional aufgeladen und verleitet dazu, aus einem ressourcenarmen Zustand zu handeln.

Hilf deinem Coachee dabei, das Ziel genauer zu definieren, damit er/sie konkret auf etwas hinarbeiten kann. Es hilft hier auch, klare Meilensteine zu definieren – Woran merkst du, dass du jetzt schneller lernst? 

Bedenke hierbei auch: Oft ist es am Sinnvollsten, sich nur mit sich selbst zu vergleichen und jeden Tag danach zu streben, besser als gestern zu sein.

„Es geht nicht darum, wo du heute stehst, sondern wo du morgen sein kannst.“

Universelle Mengenangaben

Dieses Muster ist mein persönliches Lieblingsmuster, denn es ist einerseits sehr einfach zu erkennen und kommt andererseits sehr häufig vor. 

Wenn deine Klientin oder dein Coachee dieses Muster verwendet, dann wird aus einer einzelnen Situation oder Aussage eine allgemeingültige. 

Das verstärkt die Aussage, gibt ihr mehr Dringlichkeit und nimmt ihr jegliche Handlungsfreiheit. Das Gesagte wirkt endgültig.

Die Schlüsselwörter, auf die du achten solltest, sind die Indefinitpronomen: alle, jeder, niemand, keiner, immer, nie.

Vielleicht erinnerst du dich an das Sprachmuster “fehlender Bezug”.  Wenn nicht, lies es jetzt im ersten Teil der Fragetechniken für Coaches nach. Auch dort geht es um Indefinitpronomen. 

Die Metamodell-Frage, die du ab jetzt auf solche Wörter stellen wirst, lautet: „Wirklich …?“ „Wirklich immer?“ „Wirklich alle?“ „Wirklich niemand?“

Du kannst auch in diesem Sprachmuster nach einer Ausnahme fragen oder die beiden Möglichkeiten verbinden. 

Im Coaching-Kontext würde dieses Sprachmuster dann folgendermaßen aussehen: 

  • “Ich kann nie Nein sagen.” → “Gibt es Situationen, in denen du Nein sagen kannst?
  •  “Ich werde immer von meinen Eltern/Vorgesetzten kritisiert.” → “Wirklich immer?”
  • “Ich bin immer überall zu spät.” → “Kannst du dich an eine Situation erinnern, in der du pünktlich warst?”

Alle Muster auf einen Blick

Wie du also siehst, unterstützen all diese Fragen deine Klientin/deinen Coachee vor allem dabei, neue Perspektiven zu finden, zuvor verschlossen geglaubte Wege neu zu entdecken und eine realistische Selbstwahrnehmung zu bekommen.

Wie auch beim letzten Artikel fasse ich dir alle Muster und Fragen noch einmal zusammen, damit du einen guten Überblick hast:

Operatoren der Unmöglichkeit: “Was hält dich davon ab?” 

Operatoren der Notwendigkeit: “Was würde passieren, wenn du es nicht tust?”

Ursache-Wirkung / Komplexe Äquivalenz / (Universelle Mengenangabe): “War schon einmal X ohne Y?” → Finde nur ein einziges Gegenbeispiel!

Einfache Tilgung: “Was meinst du mit X?”

Vergleichstilgung: “… im Vergleich zu was?”

Universelle Mengenangabe: “Wirklich …?”

Oft kann es auch vorkommen, dass in einem Satz mehrere Metamodell-Verletzungen stecken.

Die Kunst ist dabei, dass du genau die Fragen stellst, die schlussendlich zum Erfolg führen und weitere Interventionen möglich machen.

Solltest du Schwierigkeiten dabei haben, das richtige Wort herauszuhören, empfehle ich dir, dass du genau das hinterfragst, was besonders betont wurde oder auch, was verschluckt wurde.

Du hast jetzt ein machtvolles Werkzeug an der Hand, das ich in WIRKLICH JEDER Coaching-Stunde einsetze.

Setze das Skalpell der Sprache also gezielt ein. 🙂

Wenn dir diese Coaching-Techniken geholfen haben und du mehr wissen möchtest, schau dir doch einmal unsere Ausbildung zum Zert. NLP Practitioner an. In dieser Ausbildung erfährst du nicht nur weitere spannende Coaching-Techniken, sondern wirst auch in ihrer direkten Anwendung begleitet.

Wenn du möchtest, können wir uns bei einem unverbindlichen persönlichen Gespräch über deine Chancen und Perspektiven der Ausbildung unterhalten.

Bis dahin…

Alles Liebe,

Mario

myNLP Team

Die Redaktion von myNLP besteht ausschließlich aus NLP LehrtrainerInnen, ausgebildet von Dr. John Grinder (ITANLP), die wertvolle Inhalte auf dem Blog von myNLP veröffentlichen. Zu den Redakteuren zählen auch die beiden Gründer von myNLP, Mario Grabner und Patrik Shnawa.
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